ClimbAID in Zeiten des Umbruchs

Liebe Freund:innen von ClimbAID

Syrien ist frei von einer Diktatur, die das Land über fünf Jahrzehnte brutal unterdrückt hat. Millionen Menschen hoffen auf eine Rückkehr in ihre Heimat, doch die Zukunft bleibt ungewiss. Das Land steht vor einem langen Weg der Transition und Versöhnung – doch es gibt endlich Hoffnung auf eine gerechtere und bessere Zukunft.

Auch im Libanon hat sich die Lage grundlegend verändert. Die Hisbollah ist stark geschwächt. Nach der zerstörerischen Militärkampagne Israels steht das Land vor enormen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, und der Bedarf an Unterstützung ist grösser denn je.

Das Jahr 2024 war eines der herausforderndsten in ClimbAIDs Geschichte. Viele unserer für den Libanon geplanten Projekte konnten nicht wie erhofft umgesetzt werden. Trotz aller Schwierigkeiten gab es Lichtblicke.

Scroll nach unten, um mehr darüber zu erfahren, was ClimbAID im Jahr 2024 bewegt hat.

Herzliche Grüsse
Dein ClimbAID-Team

Ein Lichtblick war unsere Arbeit mit Familien, die aufgrund des Krieges aus Baalbek fliehen mussten. Sie fanden Zuflucht auf dem Gelände unseres Partners arcenciel in Taanayel, wo sich auch unsere Kletterwand The ARC befindet.

Wir organisierten psychosoziale Bouldersessions für die vertriebenen 64 Kinder und junge Erwachsene im Alter von 4 bis 25 Jahren. Die Sessions wurden zu einem geschützten Raum, in dem die Teilnehmenden körperliche Bewegung, soziale Interaktion und Freude erleben konnten – ein kleiner, aber wichtiger Ausgleich zu den Belastungen durch den Krieg und die Vertreibung.

Mit dem kürzlich eingetretenen Waffenstillstand sind diese Familien wieder in ihre zerstörten Häuser zurückgekehrt. Wir hoffen, dass die Resilienz und die Freude, die sie während der Sessions erfahren haben, ihnen helfen, den Wiederaufbau zu meistern.

Die aktualisierte Seite zu unserem Projekt im Libanon mit vielen Hintergrundinformationen findest du hier.

Ein Meilenstein war die Veröffentlichung der wissenschaftlichen Studie zu YouCLIMB im Fachjournal Conflict and Health. Die Ergebnisse belegen, dass unsere psychosozialen Bouldersessions signifikant zur Verbesserung der mentalen Gesundheit konfliktbetroffener Jugendlicher beitragen können:

• Psychische Belastung: Die Interventionsgruppe zeigte eine signifikante Reduktion psychischer Belastung im Vergleich zur Kontrollgruppe.
• Wohlbefinden: Teilnehmende der Interventionsgruppe zeigten spürbar gesteigertes mentales Wohlbefinden.
• Persönliches Wachstum: Qualitative Interviews unterstrichen die positive Entwicklung von Selbstvertrauen, Problemlösungsfähigkeiten und emotionaler Resilienz.

Ein Teilnehmer sagte: „ «Ich habe gelernt, dass ich draussen in meinem Leben nicht sofort losstürmen muss, um Probleme zu lösen, sondern zuerst Pläne mache, wie ich es hier gelernt habe.»

Eine andere Teilnehmerin ergänzte: «Ich habe Selbstvertrauen und Stärke aufgebaut, sodass ich nicht mehr schüchtern bin.»

Mehr über die Studie und ihre Ergebnisse erfährst du in diesem Artikel.

In Zusammenarbeit mit der Lebanese Federation of Climbing and Mountaineering sowie den beiden professionellen Routensetzern David Tomlinson und Alise Zvigule aus der Schweiz organisierten wir zwei Workshops, die sowohl technische Fähigkeiten als auch kreative Prozesse im Routenbau vermittelten.

Die Teilnehmenden – Kletter:innen aus verschiedenen Regionen und Hintergründen – waren mit hoher Motivation dabei. Neben der Entwicklung technischer Kompetenzen stand vor allem die Kollaboration im Fokus. In einer Zeit, in der das Land stark gespalten ist, wurden die Workshops zu einem Ort des Austauschs und der Verbindung.

Wir hoffen, den dritten Workshop sowie die geplante Bouldering-Competition in Beirut bald nachholen zu können.

Wir freuen uns ausserordentlich, Anfang 2025 den Film “Sama” präsentieren zu dürfen, der das Projekt im Libanon aus der Perspektive von vier Teilnehmenden – Hiba, Sabine, Yehya und Hassan – zeigt.

Im Zentrum stehen Hiba, eine geflüchtete Syrerin, und Sabine, eine Einheimische, die trotz unterschiedlicher Hintergründe und Herausforderungen eine gemeinsame Leidenschaft teilen: das Klettern. Mit Unterstützung von ClimbAID stellen sie sich sozialen und persönlichen Herausforderungen, streben nach Unabhängigkeit und wachsen zu inspirierenden Vorbildern heran.

Der Film bietet einen bewegenden Einblick in ihre Geschichten und zeigt, wie Klettern Hindernisse überwinden, Selbstbewusstsein stärken und ein friedliches Miteinander fördern kann. Geplant sind Anfang 2025 eine Reihe von Filmvorführungen sowie begleitende Podiumsgespräche.

Besuche die Seite zum Film, um den Trailer zu sehen, Vorführungsdaten zu finden und Artikel darüber zu lesen, wie sich das Leben der Protagonist:innen seit den Dreharbeiten verändert hat. Falls du selber eine Vorführung organisieren möchtest, kannst du dich dort über “Get Involved” bei uns melden.

Trotz dieser Erfolge mussten wir uns schweren Herzens dazu entschliessen, unsere Programme im Bekaatal ab 2025 vorerst einzustellen. Die Herausforderungen – von fehlender Planungssicherheit über einen begrenzten Pool ausgebildeter Community-Mitglieder bis hin zur Abwanderung qualifizierter Fachkräfte – machen eine nachhaltige Fortführung unmöglich.

Das bedeutet jedoch nicht, dass wir uns vollständig zurückziehen. Wir bleiben der Community verpflichtet: Die Kletterwand soll in Eigenregie übernommen werden, während wir weiterhin Miete, Material, Unfallversicherung, Supervision und Trainings sicherstellen. Auch der Zugang zum Klettergarten im Wadi Al Dalm soll langfristig erhalten bleiben.

Zudem wollen wir in den nächsten Monaten die Möglichkeit prüfen, den ROLLING ROCK zu reaktivieren. Sollte dies gelingen, könnten wir mit unserem Klettermobil Baalbek, den Südlibanon oder sogar Damaskus besuchen. Eine Ausweitung des YouCLIMB-Programms auf eine Kletterhalle in Beirut ist ebenfalls weiterhin eine Option, abhängig davon, ob geeignetes Personal gefunden werden kann.

Sobald es Fortschritte gibt, werden wir dich informieren.

Während die Situation im Nahen Osten uns vor grosse Herausforderungen stellt, haben sich unsere Projekte in der Schweiz positiv weiterentwickelt. Bis Ende November organisierten wir über 550 Sessions, an denen 1’300 Teilnehmende teilnahmen.

Ein besonderer Erfolg war der Aufbau neuer MaxiFamilies: Im Sommer begrüssten wir eine neue Familie im Quadrel in Felsberg (GR). Nach längerer Pause ist auch unsere Gruppe in Lausanne zurück – neu in der Boulderhalle von Grimper.ch.

Ein Highlight war unser Boulder-Weekend in Chironico am 14. und 15. September. Für viele der 76 Teilnehmenden war es eine prägende Erfahrung, gemeinsam die Faszination des Kletterns in der Natur zu erleben. Aufgrund der grossen Nachfrage planen wir im nächsten Jahr ein weiteres Boulder-Weekend speziell für die Westschweiz.

Lies den Beitrag von Olha und Ali, um mehr über unser diesjährige Boulder Weekend in Chironico zu erfahren.

Das Budget für das Jahr 2025 beträgt CHF 120’000, wovon die Hälfte durch Mammut, die Stiftung Temperatio, das Minimum, die Peka und weitere Partner gedeckt ist. Um unsere Ziele zu erreichen, sind wir auch auf deine Unterstützung angewiesen.

Die Entwicklungen im Libanon, Syrien und anderen Regionen sowie das Wachstum unserer Projekte in der Schweiz stellen hohe Anforderungen an eine nachhaltige Finanzierung. Mit 14 und bald mehr Gruppen hat das Projekt in der Schweiz  eine Grössenordnung erreicht, die zusätzliche Stellenprozente für Administration, Wirkungsmessung sowie Schulungen und Trainingsressourcen erfordert.

Mit deiner Spende unterstützt du diese wichtige Weiterentwicklung und hilfst uns gleichzeitig, im Libanon wieder aktiv zu werden, sobald die Bedingungen es zulassen.

Herzlichen Dank für dein Vertrauen und deine Unterstützung!